Rhein-Hunsrück-Zeitung: Bahntunnel macht Oberwesel Angst

Region Mittelrhein. Es rumort in Sachen Bahn am Mittelrhein. Wenige Tage, nachdem der Arbeitskreis zur Erneuerung des Bank-, Bett- und Kammerecktunnels in St. Goar eine Bürgerinformation veranstaltet hat, sorgen sich viele Anwohner um die zukünftige Entwicklung. Ein möglicher Tunnelbau bei Oberwesel wird äußerst skeptisch bewertet.

Fest steht, dass die Bahn im Streckenbereich zwischen St. Goar und Oberwesel eine Lösung für das Problem finden muss, dass die drei Tunnel marode sind und dringend saniert werden müssen. Die Zeit drängt, denn mit der Öffnung des neuen Gotthard-Tunnels spätestens 2017 steigt das Verkehrsaufkommen massiv an.

Fünf mögliche Varianten zur Umsetzung des Großprojekts sind der Öffentlichkeit vorgestellt worden. Eine davon scheint die Bahn ganz offensichtlich zu favorisieren: einen Tunnel, der den Verkehr auf rund 4,5 Kilometer Länge zwischen St. Goar und Oberwesel über eine komplett neue Trasse durchs Felsmassiv führt. Diese Variante würde St. Goar vom Lärm befreien und mit einem großen Tunnelportal und vorgelagerten Bauwerken unmittelbar vor Oberwesel enden.

Die Anwohner dort fürchten deshalb nicht nur einen enorm ansteigenden Lärm, der im Bereich der Portale entstehen könnte, sondern auch um das Stadtbild von Oberwesel, das als wichtiges Detail zum Unesco-Welterbe Oberes Mittelrheintal gehört. Würde der Tunnel hier gebaut, wäre für den Weinbau in Oberwesel überdies wohl die Paradelage Oelsberg verloren. „Der Oelsberg ist das Prunkstück des Oberweseler Weinbaus“, erklärt Werner Nick vom Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR). Der DLR hat in den vergangenen zehn Jahren ein komplexes Flurbereinigungsverfahren in dieser Steilstlage vorgenommen, das kurz vor dem Abschluss steht. 2,2 Millionen Euro wurden investiert, um eine erstklassige Lage und eine wertvolle Kulturlandschaft zu rekultivieren. Mehr als 500 000 Euro waren Ausgleichszahlungen der Bahn, 160 000 Euro wurden von ortsansässigen Winzern gezahlt. „Die Investitionen und alle Arbeit würden ad absurdum geführt“, sagt Nick.

2018 will die Bahn den neuen Mittelrheintunnel bauen, noch im Februar sollen Probebohrungen beginnen. In Oberwesel herrscht die große Sorge, dass das Bauprojekt einen Schaden anrichtet, der irreparabel ist. Volker Boch