Wochenspiegel: „Existenzielle Bedrohung“

„Zukunft trotz Bahn“ heißt es seit Kurzem in Oberwesel. Die erst am vergangenen Sonntag gegründete Bürgerinitiative „Oberwesel 22“ will den geplanten Tunnelbau der Bahn durch den Oelsberg verhindern.

Von Jennifer Virtue

„Wir müssen was machen“, sagte der erste Vorsitzende der Initiative Harald Steppat gestern Abend im Kulturhaus. Die größte Befürchtung des Ingenieurs seien die mit dem Tunnelbau und dem anschließenden Bahnverkehr einhergehenden Erschütterungen. „Die Weinbergslage Oelsberg könnte damit verloren gehen“, gab er zu bedenken. Außerdem sei das Kulturerbe Mittelrheintal durch die von der Bahn bevorzugte gelbe Variante in Gefahr. Diese sieht zwei Tunnelportale im schleifenden Anschnitt mit Stützwänden und Rettungsplatz innerhalb der Wohnbebauung am nördlichen Portal Oberwesels vor. Daher kämpfen die Mitglieder der Initiative für eine Umgehung ihrer Stadt.

Ziel müsse es sein, das im UNESCO Weltkulturerbe aufgeführte Stadtbild Oberwesels sowie den Lebensraum und die Wohnqualität zu erhalten. Außerdem gehe es „Oberwesel 22“ darum, die Stadt weiterhin für Touristen attraktiv zu gestalten und die Kulturlandschaft weiter zu fördern. Zudem wünschten sie sich eine aktive Bürgereinbindung bei den Planungsverhandlungen der Bahn und dass ihre Vorschläge mit in diese Planung aufgenommen würden.

Steppat führte in seinen Erläuterungen die Auswirkungen der gelben Variante auf Oberwesel und seine Bürger aus. So bedeuteten mehr Züge mehr Lärm und damit auch mehr Erschütterungen. Außerdem führe eine höhere Geschwindigkeit der Züge zu einer größeren Lautstärke und größeren Kräften, die auf die Landschaft wirkten, also auch mehr Schädigung. „Das Ganze ist ein Teufelskreis“, so Steppat, „weniger Tourismus, sinkende Kaufkraft, Abwanderung, Preisverfall der Immobilien, Gewerbe-Sterben und der eventuelle Verlust des Weltkulturerbe bilden einen Kreislauf. Von den Folgen für die Bürger ganz abgesehen“. Diese seien beispielsweise Stress, Schlafprobleme und Gesundheitsprobleme. Jörg Lanius, Winzer am Oelsberg, führte an, dass am Oelsberg nicht Hand angelegt werden dürfe. „So kann nicht gebaut werden“, sagte er, „eine der besten Weinlagen am Mittelrhein darf nicht zerstört werden“.

Peter Bappert, Bürger von Oberwesel, hofft, dass die Bürgerinitiative Erfolg haben wird: „Jeder ist betroffen. Jeder wird’s merken. Ich kämpfe für meine Kinder und Kindeskinder. Das muss jedem bewusst sein. Wir werden noch viele schlaflose Nächte haben, wenn hier nicht bald etwas passiert“.

Als nächstes möchte „Oberwesel 22“ an dem Vorplanungsarbeitskreis „IFOK / Deutsche Bahn AG“ teilnehmen und ihre Anliegen vortragen. Außerdem sei eine Eingabe an die Landesregierung und die UNESCO mit der Bitte um eine Stellungnahme geplant. Die Bahn werde dazu aufgefordert ein Gutachten erstellen zu lassen. Zudem werde es in Kürze einen Bürgerprotest geben. „Wir sind noch lange nicht da, wo wir hinwollen“, fasste der zweite Vorsitzende Erik Zeuner den Abend zusammen.