Bahn ändert Pläne unerwartet: Tunnelstreit an der Loreley

Bericht der SWR-Landesschau v. 02.05.2017:

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Die Bahntunnel zwischen St. Goar und Oberwesel gegenüber der Loreley sind über 150 Jahre alt und müssen dringend saniert werden. Gemeinsam mit den Menschen vor Ort hatte sich die Bahn 2014 auf eine neue komplett unterirdische Strecke geeinigt. Doch davon will sie plötzlich nichts mehr wissen. Jetzt bevorzugt sie eine Variante, die den Welterbestatus des Mittelrheintales gefährden könnte und hoch riskant ist.
So schön sich die historischen Tunnelportale in die Berge gegenüber der Loreley schmiegen, es ist nicht zu übersehen, dass sie in die Jahre gekommen sind. Seit 1859 fahren hier Züge, heutzutage mehrere hundert am Tag. Das hat Spuren hinterlassen – am instabilen Fels direkt über den Gleisen und der B9. Vor drei Jahren hat die Bahn mit den Verantwortlichen vor Ort mehrere Sanierungs-Varianten diskutiert. Geeinigt hat man sich schließlich auf Variante „pink“: eine komplett unterirdische Strecke im Landesinneren.

Planungsvariante „pink“ war bislang vereinbart. Jetzt favorisiert die Bahn Variante „rot“.
Doch nach Informationen der Landesregierung, des Eisenbahnbundesamtes und des Bundestagsabgeordneten aus dem Kreis soll jetzt Variante „rot“ gebaut werden. Das bedeutet: eine neue Tunnelstrecke zusätzlich zur alten und das direkt am Rhein. Harald Steppat, Vorsitzender der Bürgerinitiative „Oberwesel 22“, kann diese Überlegungen nicht nachvollziehen: „Ich habe gedacht, die sind verrückt geworden. Die Variante rot würde automatisch die Aberkennung des Welterbestatus bedeuten und einen massiven Eingriff in das Leben der Menschen hier am Mittelrheintal.“

Bürgerinitiative läuft Sturm

Harald Steppat von der Bürgerinitiative „Oberwesel 22“ hält die Zahlen für geschönt.
Die Bürgerinitiative macht gegen die Bahnpläne mobil. Dass die UNESCO schriftlich bestätigt hat, Variante „rot“ würde den Welterbestatus automatisch annulieren, interessiert die Bahn genauso wenig wie die Lärmentlastung der Menschen. Sie behauptet, Variante „pink“ sei dreimal so teuer wie Variante „rot“ und somit alternativlos. Harald Steppat hält die Zahlen für geschönt. Er besitze bahninterne Unterlagen, die belegen, dass zum Beispiel geologische Risiken nicht mit eingerechnet wurden. Die Variante „pink“ sei künstlich zu teuer gerechnet worden. Außerdem berge ein Bau direkt am Rhein erhebliche geologische Unwägbarkeiten.

Jörg Lanius besitzt dort seine Weinberge. Er kennt den Hang in- und auswendig. Neben den Risiken würde ein Tunnelbau Tourismus und Weinbau über viele Jahre unmöglich machen, befürchtet er: „Der Untergrund besteht nicht aus gewachsenem Fels, sondern aus Felsbrocken. Wir müssen beim Tunnelbau damit rechnen, dass von Oberwesel bis zum Kammerecktunnel der Berg komplett abgetragen werden muss, um den Tunnel erst mal da rein zu bauen. Mit Sicherheit gibt es dann die nächsten 50 Jahre dort keinen Weinberg mehr.“

Geologische Gefahren unbeachtet?

Der Bürgerinitiative liegen auch bahninterne Unterlagen vor, die belegen, dass die geologischen Risiken an der bestehenden Strecke der Bahn bekannt sind. Immer wieder musste in der Vergangenheit der Fels kurzfristig gesichert werden. Die Instabilität des Hangs wurde über Jahre dokumentiert, wird aber bei den Berechnungen für die Kosten ignoriert. Harald Steppat fordert deshalb, die Setzbewegungen jetzt und während der Bauarbeiten zu messen, damit nicht plötzlich der ganze Hang abrutsche. Ein aufgestellter Mess-Container sei seit Jahren außer Betrieb.

Bürgermeister Thomas Bungert will alles tun, um die Maßnahme zu verhindern.

Bürgermeister Thomas Bungert war bei den Verhandlungen 2014 für die Verbandsgemeinde St. Goar-Oberwesel dabei. Variante „rot“ hat er nicht zuletzt deshalb ausgeschlossen, weil die Bauarbeiten das denkmalgeschützte Stadtbild von St. Goar massiv schädigen würden: „Man müsste natürlich mit dem ganzen Bauverkehr hier durchgehen. Sie bräuchten einen Rundumverkehr über den Marktplatz, der komplett neu gestaltet ist. Für uns komplett unvorstellbar.“

Bahn betont Kostenfrage

Auf SWR-Anfrage will die Bahn vom Verhandlungsergebnis mit der Region nichts mehr wissen. Schriftlich teilt die Pressestelle mit: „Die Bahn hat seit 2014 immer erklärt, dass ihr mit dem bestehenden finanziellen Rahmenbedingungen […] lediglich die Realisierung einer bestandsnahen Tunnellösung möglich ist. Wenn vor Ort eine „große Lösung“ […] gewünscht wird, muss das Kostendelta zu einer solchen Lösung aus anderen Quellen […] getragen werden.“

Mittelrheintaler sind sauer

Die Menschen im Mittelrheintal fühlen sich hintergangen und missbraucht: als Erpressungsopfer der Bahn, im Poker um möglichst hohe Zuschüsse von Land und Bund.
Thomas Bungert, Bürgermeister VG St. Goar-Oberwesel: „Ich kann nur sagen, wir werden rechtlich, demokratisch bis hin zum zivilen Ungehorsam alles tun, um diese Maßnahme zu verhindern.“ Die Landesregierung hat sich auf unsere Anfrage auch ausdrücklich für Variante „pink“ ausgesprochen, eine finanzielle Beteiligung an dem Projekt aber abgelehnt. Das sei Bahn- bzw. Bundessache.

Autor. Jens Doumen / Online: Andreas Gödtel
Stand: 2.5.2017, 15.08 Uhr

In einem Schreiben an die Bahn-Vorstandsvorsitzenden Richard Lutz und Frank Sesterhenn hat Hans-Josef Bracht MdL, Vizepräsident des Landtags Rheinland-Pfalz, sein Unverständnis gegenüber dem Handeln der Deutschen Bahn AG ausgedrückt und gleichzeitig erneut mit Nachdruck für die Umfahrung der beiden Städte Oberwesel und St. Goar (Variante „Pink“) im Zuge der Tunnelerneuerung geworben.

Hier das Schreiben (zum Vergrößern bitte „anklicken“):

Hier das Schreiben als .pdf-Download:

2017-05-2, DB Vorstandsvors. Lutz, Sesterhenn

NACHTRAG 04.05.2017:

SWR-Landesschau & SWR-Aktuell:

https://swrmediathek.de/player.htm?show=95c14430-30e3-11e7-9fa5-005056a12b4c    Bahnlärm und Erschütterungen machen die Menschen im Mittelrheintal „kaputt“!

https://swrmediathek.de/player.htm?show=6750b500-30f6-11e7-b649-005056a10824  Sicherheit wird vernachlässigt!