Bauprojekt Umfahrung von Oberwesel ist offizieller Teil der Planungen – Bahn spricht von insgesamt 8,4 Kilometern Länge
Von unserem Chefreporter Volker Boch
Oberwesel. Die Deutsche Bahn will eine Umfahrung von Oberwesel auf ihre technische Machbarkeit hin prüfen. Nachdem Bahnchef Rüdiger Grube zuletzt angedeutet hatte, dass er einen langen Tunnel um Oberwesel herum favorisiert, hat das Unternehmen dies nun im Rahmen der vierten Arbeitskreissitzung zur Tunnelsanierung am Mittelrhein bestätigt.
Die Bahn teilte nach der Sitzung im Oberweseler Kulturhaus Hütte am Donnerstagabend mit, dass „die Kombination einer Tunnellösung zur Umfahrung von Oberwesel mit einer Variante zur Erneuerung der vorhandenen Bank-, Bett- und Kammerecktunnel, die sogenannte Variante ,pink‘, im Rahmen der Vorplanung hinsichtlich ihrer grundsätzlichen Machbarkeit“ untersucht wird.
Bereits bevor die Sitzung im Kulturhaus Hütte startete, hatten sich viele Bürger davor versammelt, um ihren Protest gegen die bislang offensichtlich präferierte „gelbe“ Tunnelvariante zu dokumentieren. Die Bürgerinitiative „Oberwesel 22 – Zukunft trotz Bahn“ hatte im Vorfeld an einen Infostand eingeladen, der laut den Initiatoren sehr gut angenommen wurde. Bis zum Ende der Sitzung wurde hier über die nachteiligen Auswirkungen eines möglicherweise im Oelsberg und damit unmittelbar vor Oberwesel endenden Tunnels informiert. Dieser hätte demnach extreme Auswirkungen für die Stadt Oberwesel und deren Erscheinungsbild und letztlich auch für das gesamte Unesco-Welterbe Oberes Mittelrheintal.
Zwei Vertreter der neuen Bürgerinitiative nahmen auf Einladung des Instituts Ifok erstmals an der Arbeitskreissitzung teil – Ifok berät die Bahn bezüglich des Projekts Tunnelsanierung. In der Sitzung wurde die Bürgerinitiative dann offiziell in den Arbeitskreis aufgenommen. Im Mittelpunkt stand allerdings eine andere Aufnahme, die der Variante „pink“ in die Tunnelplanungen. Die Bahn präsentierte die neue sechste anhand einer Simulation und zeigte auf, wie die Umfahrung von St. Goar und Oberwesel verlaufen könnte. Der Tunnel wäre 7,5 Kilometer lang, dazu kämen einige Hundert Meter Vorbaumaßnahmen, sodass eine Gesamtlänge des Bauwerks von 8,4 Kilometern entstehen könnte. „Der Bahnhof Oberwesel müsste dazu um ca. 1,1 Kilometer nach Süden verlegt werden“, teilte die Bahn zudem mit. „Eine umwelt- und tunnelbautechnische Bewertung dieser neuen Variante liegt noch nicht vor.“
Zwischen den Zeilen, so berichten Sitzungsteilnehmer, sei zwar herauszuhören gewesen, dass die Bahn immer noch eher mit der „gelben“ Variante liebäugele. Aber zumindest wurde sehr begrüßt, dass es nun überhaupt eine konkrete Planung gebe, die Oberwesel helfen statt schaden würde. Das Interesse der Bahn an der kürzeren Oelsberg-Variante sei unter anderem auf den geraden Verlauf des dann 4,5 Kilometer langen Tunnels zurückzuführen, der wohl Geschwindigkeiten von bis zu 140 km/h ermögliche. Die Umfahrung von Oberwesel reduziere dieses Geschwindigkeitspotenzial aufgrund einer notwendigen Kurve im Tunnel auf 100 km/h.
Oberwesels Stadtbürgermeister Jürgen Port zog nach der Sitzung aber ein positives Fazit. „Für mich persönlich ist es ein sensationelles Ergebnis, dass es eine konkrete Prüfung der sechsten Variante gibt“, erklärte er. „Wir haben uns am 16. Dezember im Stadtrat dafür ausgesprochen – und jetzt ist es seitens der Bahn Teil der Planungen.“ Aus Ports Sicht ist es nun eminent wichtig, dass alle beteiligten politischen Kräfte „in ein Boot kommen“, um Fragen der Finanzierbarkeit des Großprojekts zu klären. Die Frage der Finanzierung des möglichen Großtunnels durch den Bund ist laut Bahn schließlich noch völlig offen.
Sicher ist, dass das Land die Region bei dem Vorhaben grundsätzlich unterstützt. Innenminister Roger Lewentz steht in dieser Frage im engen Austausch mit Landrat Bertram Fleck. Lewentz hat sich persönlich an Bahnchef Grube gewandt und erklärt, dass er sich klar für eine Entlastung der Bürger in St. Goar und Oberwesel ausspricht. Es müsse bei der Tunnelplanung aber auch in die Betrachtung einfließen, dass die Bedienung der Städte als Verkehrsstationen im Sinne der Bürger gewährleistet ist.