Bezüglich der Sicherheit von „Bank-, Bett- und Kammerecktunnel“ gibt es mittlerweile sehr viele offene Fragen ( wir hatten bereits verschiedentlich darüber berichtet ).
Ausgelöst wurden die Zweifel und Nachfragen durch eine bahn-eigene Unterlage aus dem Jahr 2013 (s. u.a. unser Beitrag v. 28.03.2016 auf dieser Website), in der dargestellt worden war, dass die genannten Tunnel den heute geltenden Sicherheitsvorschriften bei weitem nicht mehr genügen.
Am 06.09.2016 hat nun die Bürgerinitiative „Oberwesel22 – Zukunft trotz Bahn!“e.V. nachfolgend abgedrucktes Schreiben an die DB Netz AG gerichtet und um eine umfassende Aufklärung seitens der Bahn gebeten.
Wir sind gespannt auf die Antwort der DB Netz AG und werden nach Vorliegen einer Antwort an dieser Stelle umgehend darüber berichten!
Nachfolgend das Schreiben der BI im Wortlaut:
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DB Netz AG
Regionalbereich Mitte
Herrn Peter W.
Mombacher Str. 54
55122 MAINZ Oberwesel, 06.09.2016
EINSCHREIBEN
Bahnstreckenbereich 2630: Schreiben der DB Netz AG v. 15.08.2016 / Weiterhin offene Fragen zur Sicherheit von „Bank-, Bett und Kammerecktunnel“
Sehr geehrter Herr W.,
in o.g. Schreiben von Dr.Ezzaki / Hr.H. sind eine ganze Reihe von Fragen der Bürgerinitiative unbeantwortet geblieben, ja es ist sogar darüber hinaus noch weiterer Klärungsbedarf entstanden.
• Die Monitoring-Berichte zur Zugankerüberwachung der Felsplatte über dem Kammerecktunnel sowie Dokumentationen zu den Baumaßnahmen der 1990er Jahre wurden leider nicht zur Einsichtnahme durch die BI freigegeben. Stattdessen wurde der BI mitgeteilt, (Zitat) „Zu diesem Thema liegen uns leider keine Monitoring-Berichte und Dokumentationen vor. Es handelt sich hierbei nicht um Bahnanlagen. Die Zugankerabsicherungen und Felsauffangnetze sind zum Schutz der Straße erstellt worden.“ Zuständig sei der Landesbetrieb Mobilität (LBM).
• Zur Frage der BI, wann die aktuellen Betriebsgenehmigungen der Tunnel auslaufen, bzw. was die Voraussetzungen für eine Erneuerung der Betriebsgenehmigungen sind, wurde der BI folgende „Antwort“ gegeben (Zitat): „Für Tunnelbauwerke gibt es keine Betriebsgenehmigung. Die deutsche Bahn ist auf Dauer verpflichtet ihre Anlagen betriebsbereit und in einem für den Eisenbahnverkehr betriebssicheren Zustand zu halten.“
Wie der „Landesbetrieb Mobilität LBM“ der BI zwischenzeitlich auf mehrere telefonische Anfragen mitgeteilt hat, sei nicht der LBM für die Sicherheit von Tunneln der DB AG zuständig, sondern lt. LBM eindeutig die DB Netz AG!
Sehr geehrter Herr W., bitte haben Sie Verständnis dafür, dass bei einem derart gewichtigen Anliegen, wie der Sicherheit einer Eisenbahnstrecke, auf der täglich Hunderte von Zügen fahren, kein Anwohner des Mittelrheintals und kein Mitglied unserer BI dafür Verständnis haben kann, wenn scheinbar mit „verwaltungsrechtlichen Spielchen“ Verantwortung bzw. Verantwortlichkeiten hin- und hergeschoben werden sollen!
Für die BI „Oberwesel 22“ stellt sich die Situation wie folgt dar:
– Die DB Netz AG ist für die Sicherheit der o.g. Tunnel verantwortlich. Hieraus erwächst eine besondere Sorgfaltspflicht für die DB Netz AG!
– Diese besondere Sorgfaltspflicht beinhaltet automatisch die Verpflichtung über alle sicherheitsrelevanten Faktoren jederzeit informiert zu sein und auch informieren zu können, und dies unabhängig von eventuellen „Zuständigkeiten“!
– Die Frage u.a. des Setzverhaltens der kritischen Felsformation direkt über dem Kammerecktunnel gehört zu den sensibelsten sicherheitsrelevanten Faktoren im Bahnstreckenbereich 2630 und hat direkte Auswirkung auf die Sicherheit des Tunnels und damit der gesamten Bahnstrecke ! Falls dies in Abrede gestellt oder gar ignoriert werden sollte, können wir Ihnen bei Bedarf gerne „Material-Einsicht“ gewähren.
Zur endgültigen Klärung stellen wir nachfolgende Fragen mit der Bitte um eine vollständige und umfassende Antwort. Falls – wider Erwarten – der DB Netz AG keine entsprechenden Daten vorliegen sollten, bitten wir dies in jedem Fall gesondert zu vermerken, damit wir dann die weitere Klärung zusammen mit dem Eisenbahn-Bundesamt (EBU) vornehmen können:
1. Wie hoch sind die aktuellen Setzbewegungen der Felsformation über dem Kammerecktunnel, die noch vor wenigen Jahren ca. 2 mm/a in Richtung Rhein betragen haben?
2. Wie verläuft aktuell die Entwicklung von Feinstrissen am Böschungsfuß?
3. Bestätigen Sie, dass ein eventueller Felssturz des Kammereck-Großkluftkörpers auch die Standsicherheit des Kammerecktunnels insgesamt gefährden würde?
4. Bestätigen Sie, dass die eingesetzten Zuganker, mit ihrer freien Ankerstahllänge von 22 Metern, ihrer Krafteintragungslänge von 7 Metern und einer Gebrauchskraft von 2000 kN an keiner Stelle durch Überschreitung von zulässigen Streckgrenzen z.B. infolge von Hangschubänderungen vorgeschädigt wurden?
5. Bestätigen Sie, dass trotz der starken Klüftigkeit des Gebirges und der tunnelseitig durchgeführten Abdichtungsmaßnahmen seit dem Jahr 1983 keine korrosive Schädigung der Zuganker eingetreten ist?
6. Wie ist der pH-Wert (Säuregrad / Alkalität) sowie der Gehalt an gelöstem CO2 in den Tunnelwässern?
7. Bestätigen Sie, dass ein „Spontanversagen“ einzelner Zuganker – mit entsprechenden Folgen – durch Einflüsse unter Pkt.4/5 oder ggf. weitere Einflüsse ohne aktuelles Monitoring z.B. mittels Lichtwellenleitermessung ausgeschlossen werden kann?
8. Bestätigen Sie, dass zwischenzeitlich eine Nachrechnung der 1859 erfolgten Unterbauungen des Kammerecktunnels den Nachweis ergeben hat, dass heutige Sicherheitsstandards damit nicht erfüllt werden?
Über Ihre Antwort bis spätestens Freitag, 23.09.2016, würden wir uns freuen. Vielen Dank & Mit freundlichen Grüßen
Harald Steppat Dr. Karl-Heinrich Weis
Erster Vorsitzender der BI Mitglied der BI
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Hier das Schreiben der BI zum Download ( zum Vergrößern bitte „anklicken“):